Dynamische Strompreistarife und deren Wirkung auf den Stromverbrauch
- Anlass der Studie ist das im Juli 2024 vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz BMWK herausgegebene „Strommarktdesign der Zukunft : Optionen für ein sicheres, bezahlbares und nachhaltiges Stromsystem“ [BMWK 2024]. Das Strommarktdesign solle einen Paradigmenwechsel im Strommarkt herbeiführen. Eingeführt werden soll ein Kapazitätsmarkt, eine Art systemische Grundgebühr, zur Finanzierung unwirtschaftlicher Investitionen in künftig nur wenig auslastbare Kraftwerke. Zudem sollen die Stromverbraucher als Regelkomponente in einer zukünftig volatilen Stromversorgung eingesetzt werden. Die Motivation hierzu soll mit Hilfe dynamischer Stromtarife gelingen. Vorliegende Studie befasst sich insbesondere mit der potentiellen Wirkung dynamischer Strom-preise auf den Stromverbrauch. Hierzu wird das Einsparpotenzial bei Nutzung dieser Stromtarife untersucht. Empirische Befunde aus Deutschland und Schweden unterfüttern und erweitern diese Untersuchung mit Blick auf die erhoffte Beeinflussbarkeit des künftigen, den politischen Energiewende-Planungen unterworfenen Stromversorgungssystems.
Die Untersuchungsergebnisse werden wie folgt interpretiert:
• In „Smart-Grids“ können dynamische Stromtarife das Verbraucherverhalten bei einem Einsparpotential von 10 bis 15% begrenzt beeinflussen.
• Der Einfluss beschränkt sich auf lokale Stromversorgungsnetze.
• Der Stromverbrauch wird in dem Sinne vergleichmäßigt, dass tageweise auftretende Lastspitzen und Lasttäler sich durch Lastverschiebungen ausgeglichener darstellen. Die Differenz der beiden Tagesextremwerte könnte um bis zu 20% sinken.
• Der jährliche Stromverbrauch wird hierdurch nicht wahrnehmbar beeinflusst. Der qualitative Verlauf des Lastgangs ebenso wenig.
• Die Vergleichmäßigung ist in dem Sinne netzdienlich, dass nur unzureichend ausgebaute Ortsnetze durch die künftige zunehmende Beanspruchung durch Elektromobilität und Wärmepumpen nicht überbeansprucht werden bzw. dass deren sowieso notwendiger Ausbau in etwas reduzierter Weise ausgeführt werden kann.
• Die grundlegenden Probleme bzw. Herausforderungen des geplant volatilen Gesamtstromversorgungssystems lassen sich durch Einsatz der Stromverbraucher als system-dienliches Regelglied nicht lösen. Dazu ist ihre Wirkung im Vergleich zur über das Jahr gemittelten Last zu gering. Der gewünschte Ausgleich sollte besser mit Hilfe geeigneter Speicher statt mit humanen Ressourcen als Regelglied gelöst werden.
Prinzipiell kann die geplante Flexibilisierung des Strommarktes als eine gut vermittelbare und von den Stromkunden nur schlecht zu erkennende Form der Energierationierung durch Preismechanismen gesehen werden. Energierationierungen signalisieren oft strukturelle Probleme im Energiesektor eines Landes. Die Frage, ob der vom BMWK vorgeschlagene Paradigmenwechsel bereits in diese Richtung zielt, darf zusammen mit den derzeit immer offener und häufiger zutage tretenden, bisher noch verkraftbaren Dysfunktionalitäten der derzeitigen Stromversorgung durchaus in Betracht gezogen werden.